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KulturLandschaftsMuseum Grenzerfahrung
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Bischofsreut/München - Rothirse, Buchweizen und Flachs, Odenwälder Blaue, Naglerner Kipfler und Schwarzer tatarischer Fahnenhafer - die Vielfalt an alten historischen Kulturpflanzen und -sorten ist in den Zeiten von Tiefkühlkost und Mikrowelle fast verloren gegangen. Deshalb werden diese Kulturgüter im KuLaMu nun wieder angebaut.Noch vor gar nicht so langer Zeit mussten die Bischofsreuter Siedler ihre Nahrung und sogar den Grundstoff für ihre Kleidung - den Hoar (=Lein oder Flachs) - selber anbauen. Als dann in den 1950er Jahren das Straßennetz ausgebaut wurde, verlor die vorher so wichtige Selbstversorgung an Bedeutung. Die Milch konnte nun in die Molkereien geliefert werden, so dass die ertragsarmen und steinigen Äcker in Heuwiesen umgewandelt wurden. So verschwand der Fleckerlteppich aus vielen kleinen Ackerparzellen aus dem Landschaftsbild der Gemeinde Haidmühle und werden nun im Rahmen des KuLaMu wieder angelegt. Erste Erfahrungen mit dem Ackerbau wurde mit den Futteräckern für die landesweit vom Aussterben bedrohten Birkhühner gesammelt. Denn auch für viele Wildtiere und insbesondere für die Vögel waren die Äcker wichtige Nahrungsquellen. Auf den neu angelegten Parzellen wurde eine alte Roggensorte aus dem Landkreis Cham angebaut. Während das Winterkorn fast mannshoch wuchs, war der Hafer aus dem normalen Landhandel nur knöchelhoch. Es wurde rasch deutlich, dass wegen des rauen Klimas auf rund 1.000 Meter Höhe nur die anspruchslosesten Kulturpflanzen und Kulturpflanzensorten gedeihen. Deshalb machte sich Herr Rossa, der Agraringenieur des projektbetreuenden Büros FNL-Landschaftsplanung auf die Suche nach weiteren alten Sorten. Fündig wurde er in Österreich und in Brandenburg. In Österreich werden alte Kulturpflanzen wie Lein, Buchweizen und Hirse bereits seit längerem wieder angebaut. In Brandenburg nahm er Kontakt mit dem Verein VERN auf, der sich seit 10 Jahren das Ziel gesetzt hat, alte und seltene Kulturpflanzen zu erhalten. Über die Jahrhunderte des regionalen Anbaus haben sich die alten Sorten perfekt an das Klima und die Böden der jeweiligen Landschaft angepasst und liefern auch ohne chemische Düngung und Pflanzenschutz geringe, aber dennoch sichere Erträge. Deshalb werden auf den Äckern des KuLaMu in Bischofsreut wieder die alten Kulturgüter wie beispielsweise Buchweizen und Hirse angebaut. Diese beiden frostempfindlichen Kulturpflanzen werden nach der Aussaat in nur 12 Wochen erntereif und wurden deshalb von den alten Siedlern nach den Eisheiligen gesät und als Hirsebrei und Buchweizengrütze verzehrt. |
Ein besonderes Schmankerl sind die alten Kartoffelsorten Odenwälder Blaue und Naglerner Kipfler, sowie Wildkartoffeln aus dem größten Kartoffelforschungszentrum der Welt in Lima. Vergangene Woche haben die Bischofsreuer "Kartoffelbauern" Hedi und Leo Kornegger ihre alten Maschi-nen wieder in Gang gesetzt und die Kartoffeln gelegt. Die langen schmalen Kipfler mussten wie vor langen Zeiten sogar per Hand gepflanzt werden. Nun warten alle sehr gespannt auf die Ernte. Wie werden diese selten Kartoffeln wohl schmecken? Eignen sie sich überhaupt für einen Anbau im Bayerischen Wald? Sollte dies der Fall sein, so bieten sich für die Landwirte hier durchaus Perspektiven für die Zukunft. Denn die Gesundlagen des Bayerischen Waldes eignen sich laut Herrn Vögel vom Verein VERN perfekt für die Vermehrung von Pflanzkartoffeln. Sorgen bereitet Herrn Rossa der starke Unkrautdruck in dem blaublühenden Leinäckern des KuLaMu. Aber auch bei der Hirse und beim Buchweizen werden mindestens soviel Unkräuter wie Kulturpflanzen wachsen. "Chemischer Pflanzenschutz kommt für uns nicht in Frage und wir haben weder Geld, noch die entsprechenden Maschinen, um die Beikräuter zu bekämpfen", meint der Agraringenieur. "Vielleicht machen wir ja einen touristischen Event aus der Unkrautbekämpfung: Die Touristen schicken wir wie früher mit Holzschuhen und einer Hacke zum Unkrautjäten auf die Felder. Als Lohn gibt´s eine Brotzeit und "bratene Erdäpfel"..." Die Vögel freut´s schon jetzt. Denn im vergangenen Jahr ernteten bereits große Singvögelschwärme den Hafer ab. Nur der Roggen, der selbst diesen Winter überlebt hat, muss unbedingt wieder zu Kornmandln gebunden werden. Denn auch in diesem Jahr soll wieder ein zünftiges Drescherfest gefeiert werden. |