Kulturlandschaftsmuseum Grenzerfahrung

PNP: Längst vergangene Zeit erwacht zum Leben, 25. Juli 2007

Passauer Neue Presse

„KuLaMu“, Förderverein, Theatergruppe sind „Auf den Spuren der Siedler“ - Bewegtes Theater als Wandererlebnis

Betschwestern im Woid? Das KuLaMu macht’s mit seinen Aufführungen möglich.(Foto: Steiml)

von Reinhold Steiml

Bischofsreut.

Das Kulturlandschaftsmuseum Grenzerfahrung (KuLaMu), sein Förderverein, die Gemeinde Haidmühle und die Bischofsreuter Theatergruppe haben gemeinsam einen bemerkenswerten Weg gefunden, die Besiedlungsgeschichte der Gegend in Zusammenhang mit der unverfälscht schönen Natur Urlaubsgästen wie Einheimischen nahe zu bringen: Das „Bewegte Theater“ wurde erfunden.

Was es damit auf sich hat, erfuhren bei einer „Premieren-Vorstellung“ geladene Gäste. Bürgermeister Fritz Gibis begrüßte und Fördervereins-Chef Erich Dorner erinnerte an die Beweggründe. Dabei schilderte er die Situation im Mittelalter, als zwar schon die Säumer von Passau über Waldkirchen und Grainet gen Böhmen zogen, um Salz in dieses Land zu transportieren. Damals war der „Nordwald“ noch nicht besiedelt, war unwirtliches Gelände. Der Fürstbischof zu Passau, dem diese Ländereien gehörten, hatte Sorge, dass die Region einfach von den Böhmen übernommen werden könnte und forcierte deshalb die Ansiedlung von Menschen. Orte sollten entstehen. Wie Bischofsreut vor gut 300 Jahren.

Das Kulturlandschaftsmuseum Grenzerfahrung will die einzigartige zusammenhängende Kulturlandschaft, will Land und Leute zeigen. Das ehemalige Schulhaus in Bischofsreut ist als Zentrum gedacht, wichtig sind aber auch die Steige, die man in die Landschaft hinein anlegt, um über sie diese landschaftliche Grenzerfahrung zu machen. Allein das Wandern und Erfahren ist schon schön - aber nun wurde die Idee geboren, beim Wandern auch optisch Geschichte präsentiert zu bekommen.

Landschaft als Bühne

Dorner: „Eintauchen in das Leben zu alter Zeit, als das Dasein noch ein Überlebenskampf war an der bayerisch-böhmischen Grenze hinten im Woid - das wollen wir zeigen.“ Deshalb wurde mit Michael Sellner das historische Spiel „Auf den Spuren der ersten Siedler“ geschaffen. Längst vergangene Zeiten erwachen zum Leben. Nicht auf einer Theaterbühne oder in einem Festsaal. Sondern draußen im Gelände. Es ist „bewegtes und bewegendes Theater“. Besuchergruppen, Beherbergungsbetriebe, Interessenten können sich über die Tourist-Info Haidmühle (Tel. 08556/1064) anmelden - und dann wird den Gruppen draußen in der Flur die längst vergangene Zeit, das karge Leben mit der Landschaft als Bühne kredenzt.

Bürgermeister Fritz Gibis und Erich Dorner machten sich dann mit ihren Gästen auf den Weg. Landrat Alexander Muthmann war mit dabei, sein Stellvertreter Helmut Behringer, die Bürgermeister Heinrich Lenz aus Hinterschmiding, Walter Bermann aus Neureichenau und Josef Höppler aus Waldkirchen, Ernst Obermeier vom FNL-Planungsbüro als Mitbegründer der KuLaMu-Idee, Schulrat Hubert Kainz, Haidmühles 2. Bürgermeister Herbert Noe mit den Gemeinderäten, Vertreter der Geldinstitute, Vermieter, die Damen vom gemeindlichen Tourist-Info und Touristiker aus der ganzen Region und andere mehr. Und ein besonderer Gast: Dr. Hans-Jochen Vogel, das SPD-Urgestein, das seit rund 30 Jahren regelmäßig Urlaubsgast im Haus Auersperg ist.

Auf Rundgang

Hans-Jochen Vogel und die Mitwanderer werden auf der Viehweide von einem Hüater angesprochen: „Mei Leut, hart is’ dös Lebn!“ Dann taucht der Anwerber des Fürstbischofs auf. Autor Michael Sellner selbst ist in diese Rolle des Mannes geschlüpft, der den Leuten das Ansiedeln in Bischofsreut schmackhaft machen soll. „An diesem wohlgefälligen Tag“ führt er die Gruppe durch Gehölz: „Wohlan ihr lieben Leut - folget mir!“ Sie tun’s. Sie kommen am Kuschwarda-Kreuz vorbei und treffen den „Herrn Geometer“, der das Land vermisst, wo „oft statt Korn nur Steine aus dem Boden wachsen“. „Stoana, Stoana, nix wia Stoana“ - das sagen sich auch die Bauersleut und Mägde, die auf dem Feld arbeiten. Sie lassen gerne bei der anschließenden Brotzeit auf der Flur die Vorbeikommenden teilhaben und vom „Seibern“, der „z’sammg’standnen Milli“ und von den „Erdäpfezelten“ probieren.

Dann geht es hinaus zur Wasserwiese und zu den streitbaren Landwirten, die über den Umstand diskutieren, dass dort das Wasser bergauf zu fließen scheint. Die Streihanseln lässt man gewähren und wandert zum Kirchensteig, wo der gut 80 Mann starken Gruppe - schon von weitem hörbar - im Wald eine Schar Betschwestern entgegenkommt: „Acht Stund wegn oaner Predigt“ sind sie zur Messe gegangen (zu einer Zeit, als es in Bischofsreut selbst noch keine Kirche gegeben hat). Spontanen Beifall gibt es da wie dort für die Dialoge, die Szenen, die überraschenden Vorkommnisse. Es ist eine Mischung aus dem ernsten Hintergrund des harten Lebens von Damals mit witzigen Seitenhieben, die zum Schmunzeln anregen.

„Es sollen kurze Szenen sein, prägnant eben, wo auch die Umgebung, das Ambiente bei der Wanderung sprechen,“ sagt Michael Sellner. Bürgermeister Fritz Gibis hatte ihn angesprochen, ob er denn so ein Stück in Szene setzen könnte. Er habe zugesagt, weil er diese Idee vom Spiel in der Natur hervorragend finde; und die Bischofsreuter Theatergruppe sei von Anfang an voll bei der Sache gewesen.

Helmut Madl (v.r.) und Martin Blöchl
ließen Landrat Alexander Muthmann
durch den Wasserapparat schauen.

Hotelier Karl Berger kostete vom
„Seibern“ der Bäuerinnen.

Deshalb gab es am Ende viel Beifall für den Autor und Klara Blöchl, Gabi Reichenberger, Martina Köck, Helga Kern, Hannes Reichenberger, Roswitha Stadler, Kerstin Seibold, Carina Reichenberger, Martin Blöchl, Sonja Blöchl, Manfred Kornegger und Helmut Madl. Sie gesellten sich bei der anschließenden Sitzweil mit von Anja Kienitz und ihren Helferinnen kredenzten Mehlsuppn, Sterz und süßem Kraut gerne zu ihrem Publikum.

„Wir stehen noch am Anfang der KuLaMu-Entwicklung“, sagt Erich Dorner; man brauche jede Unterstützung. Dieses Stück könne viel bewirken und auch für den Tourismus förderlich sein, handle es sich doch um ein ganz außergewöhnliches Angebot. Er ist sich sicher, dass es zu einem festen Angebot im Veranstaltungskalender werden wird und dankte alle Initiatoren und Mitwirkenden.

Wer einmal selbst solch eine vergnüglich-spannende Wanderung durch die Flur und die Geschichte mitmachen will: weitere Termine sind Samstag, 4. August, und Samstag, 25. August, jeweils 17 Uhr, sowie Samstag, 8. September, 16 Uhr. Anmeldung: Tel. 08556/1064. Erwachsene 7 Euro, Fördervereinsmitglieder und Kinder 4 Euro.

zurück